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Start vom Wasserwanderrastplatz Parchim
Unsere Kajaktour zwischen Parchim und Plau am See auf der Müritz-Elde-Wasserstraße starten mein Mann und ich im Juni 2021. Jeder paddelt in seinem eigenen Kajak und wir haben Isomatte, Schlafsack, Kocher und Zelt an Bord.
Unser Startpunkt für diese Kajaktour auf der Müritz- Elde-Wasserstraße (auch Müritz-Elde-Kanal oder Elde-Kanal) ist der Wasserwanderrastplatz Parchim, dieser liegt mitten in der Stadt. Wir durften direkt bis zur Einstiegsstelle für die Kajaks mit dem Auto fahren. Der Betreiber war sehr freundlich und hilfsbereit. Das Auto konnten wir gratis auf dem Parkplatz stehen lassen, der direkt am Wasserrastplatz liegt. Was für ein Komfort!
Das ruhig fließende Wasser der Müritz-Elde-Wasserstraße wirkt sofort beruhigend auf uns.

Parchim, Ansicht vom Müritz-Elde-Kanal


Parchim: von hier aus sind wir auf der Müritz- Elde-Wasserstraße in Richtung Plau am See gestartet, aber vorher gab es einen kleinen Stadtrundgang und ein Eis.
Die kleine Stadt Parchim ist eine liebenswerte und lebendige Stadt mit Fachwerk, herrschaftlichen Villen, Theater, einem See, Gewerbe und natürlich dem wunderschönen Müritz-Elde-Kanal. Für uns eine echte Option zum Leben. Ich mag besonders die Orte, wo ich mir ausmalen kann zu leben und gedanklich schon mit meinem Enkel zum See laufe oder mit der sympathischen Ladenbesitzerin plausche. In Parchim wäre es möglich, denn hier hätte ich eine reale Chance etwas zu mieten oder zu kaufen
Richtung Lübz

Wir paddeln jetzt in Richtung Lübz und kommen gleich am nächsten Wasserwanderrastplatz vorbei. Der Wasserwanderrastrastplatz „Am Brunnen“ hatte leider bei unserer Ankunft geschlossen.
Die Faszination ist wieder da. Die Müritz-Elde-Wasserstraße ist üppig bewachsen. Weiden, Erlen, Schilf, Ginster und der Wasserschierling, einer der giftigsten Pflanzen u.v.a.m. wachsen hier. Wir haben das Gefühl durch pure Wildnis zu paddeln. Das Slater Moor wird durchkreuzt und wir sehen badende Kinder und machen Halt an einem Steg um endlich selbst zu baden. Die alte Elde streift den Kanal, dies ist daran zu erkennen, dass das Ufer mit Schilf bewachsen und sumpfig ist. Es ist menschenleer und der Kanal ist überhaupt nicht mehr zu erkennen. Über mehrere Kilometer ist ein Aussteigen am Ufer nicht möglich, da links und rechts nur Sumpf ist. Kein Haus, kein Mensch, kein Auto und wildes Ufer… sind wir wirklich noch in Deutschland?!




Wasserschierling

blühender Wasserschierling…auch Giftwüterich genannt

Erste Übernachtung
Wir paddeln entspannt weiter. Die Gegen-Strömung ist sehr gering. Wir werden am Ufer übernachten und finden am Flusskilometer 79 einen perfekten Platz mit Wiese und Steg. Wir sind allein, das wird natürlich nicht immer so sein. Ein besonderer Vorteil aus unserer Sicht ist, dass das Ufer einer künstlichen Wasserstraße unter keinen besonderen Naturschutz steht und wir für eine Nacht ein Zelt aufstellen können, ohne das uns Ranger behelligen.



Wir paddeln weiter in Richtung Lübz und kommen am Wasserwanderrastplatz Neuburg vorbei bis wieder eine willkommene Pause durch die Schleuse Neuburg (Selbstbedienung) erzwungen wird.
Schleuse Neuburg



Müritz-Elde-Wasserstraße mit Urwaldfeeling
Was jetzt kommt, verschlägt mir die Sprache. Die Ufer sind auf beiden Seiten bewaldet und wir können bis zum Horizont schauen. Wir haben den Eindruck auf einem Urwaldstrom zu paddeln. Durch den Wald ist es wohltemperiert und mir wird warm ums Herz. Hier kommt man wirklich ins Träumen und vergisst, dass wir auf einer künstlichen Wasserstraße sind….so so schön.

Dieser stark bewaldete Abschnitt hinter der Schleuse Neuburg lädt zum Träumen ein und erinnert an einen Urwaldstrom, mein absolutes Lieblingsstück.
Das Schöne an dieser Paddeltour ist, dass wir jederzeit am Ufer halt machen können.
Wasserwanderplatz Burow
Der Wasserwanderplatz Burow liegt an einem Seitenarm und ist zurzeit nicht in Betrieb. Es wird auf eine Einkaufsmöglichkeit auf den Schildern hingewiesen. Wir fragen im Dorf nach, diese existiert schon seit Jahren nicht mehr.


Zum Wasserwanderrastplatz Burow gehört auch dieser Platz, die Brücke und der Steg direkt am Elde-Kanal liegend.



Hafen und Campingplatz Lübz

Lübzer Stadthafen mit der Möglichkeit zu zelten. Das Personal war ausgesprochen freundlich und unkompliziert.



Im Lübzer Hafen ist uns klar geworden, dass die meisten modernen schicken Yachten gemietet sind. Wir hatten ein paar nette Gespräche und uns wurde erläutert, dass das Chartern einer stets modernen und gepflegten Yacht nach Bedarf dem Besitz einer Yacht haushoch überlegen ist. Wir als Kajakfahrer und Zeltbewohner wurden dennoch bewundert und die Sehnsucht nach Einfachheit wurde deutlich spürbar.
Gleich nach dem Hafen kommt die Schleuse. Die Lübzer Schleuse wird durch eine redegewandte, schicke Schleuserin bedient. Sie hat diesen Job schon seit 30 Jahren. Wir haben sie vorher per Telefon kontaktiert. Wir empfehlen, im Hafen sich mit anderen Schleusenwilligen abzusprechen.

die Telefon-Nummer der Schleuserin in Lübz
Hafen am Speicher
Kurz hinter Lübz in Richtung Plau kommt ein weiterer Hafen mit einem Wasserwanderrastplatz und kleinem Sandstrand. Bis zur beeindruckenden Schleuse in Bobzin haben wir wiederum nicht das Gefühl auf einem Kanal zu paddeln.



Schleuse Bobzin



da hat jemand Angst
Die Schleuse Bobzin mit einem Hub von 6,8 m ist die höchste Schleuse Mecklenburgs mit einem angrenzenden Wasserkraftwerk, einem Museum für Elektrizitätsversorgung mit historischer Technik und Gästehaus.
Wasserkraftwerk Bobzin


Wir hatten ein beklemmendes Gefühl in dieser Schleuse angesichts dieser Dimensionen. Das Voll-Laufen der Schleuse war zunächst so langsam, dass wir uns wagten aufs Handy zu schauen und mit den anderen Bootsführern plauschten. Uns wurde die traurig lustige Geschichte von betrunkenen Bootsführern berichtet, die ihr Boot zum Kentern brachten, weil sie an der Halterung festgeknotet waren und durch den Anstieg des Wasserspiegels in der Schleuse in Schieflage kamen. Wir schüttelten den Kopf und lachten.
Dann ging es los. Der eine Bootsführer mit professionellen Schleusenhaken fing an aufgeregt den Haken aus der Halterung der Schleuse zu befreien. Auch er hing schon bedrohlich schief in der Schleuse. Auf einmal merkte ich, dass ich ebenfalls mit meinem Boot festhing. Mit Hilfe meines Mannes konnte ich mich befreien. Allerdings hatte in dieser Zeit mein Mann sein Boot außer Acht gelassen und sein Bootsseil war an der Halterung angeknotet. Der Knoten war schon tief im Wasser. Wir mussten das Taschenmesser zücken und ich schnitt das Seil durch, weil er selbst nicht an das Seil kam. Der Anstieg des Wasserspiegels war anscheinend nicht gleichmäßig und es war ein Lehrstück. Mann muss sich in der Schleuse doch konzentrieren und es muss ein Schleusenhaken her. Alle waren danach peinlich berührt und schwiegen.

Der Schleusenhaken im Einsatz

Die Wandermuschel
Nach der Bobziner Schleuse war das Wasser klarer und mir fielen die Massen von Muscheln auf. Nach meiner Recherche müsste dies die Wandermuschel sein. Die Wandermuschel gehört zu den wenigen Süßwassermuscheln, welche ein freischwimmendes Larvenstadium durchlaufen. Sie ist anscheinend ein Eindringling.

die Wandermuschel
Natur-Campingplatz und Hafen „Bermudadreieck“
Immer wieder wurde von anderen Bootsführern das sogenannte Bermudadreieck genannt „Wir fahren zum Bermudadreieck und wieder zurück“. Endlich wurde das Geheimnis gelüftet. Das sogenannte Bermudadreieck ist ein besonders schöner kleiner Hafen und Campingplatz. Genauer gesagt, Wasserwanderrastplatz Kuppentin. Er mutet wie eine Waldwiese an und angrenzend ist eine dunkler romantischer Laubwald. Der Campingplatz darf sich als ECO-Camping bezeichnen. Das Zeichen für nachhaltigen Campingurlaub






Dieser Wasserwanderrastplatz ist wirklich eine Perle. Ich kann mir gut vorstellen, dort mal eine Saison zu arbeiten. Es gab einen Besitzerwechsel und Campingplatz/Hafen/Wasserwanderrastplatz Kuppentin hatte gerade wiedereröffnet. Die Besitzer sind hippe Geschäftsleute aus Leipzig . Sie haben lange nach einem schönen Platz gesucht und haben nach meiner Meinung einen richtig guten Griff gemacht. Der Platz soll zum Verweilen bzw. Übernachten verleiten und alle Altersgruppen anziehen.


Wir haben ein Gespräch mit dem alten Besitzer bzw. Betreiber geführt. Er hat den Campingplatz 13 Jahre lang betrieben und hatte beim Ast sägen hier auf dem Campingplatz einen bösen Sturz und musste aufgeben. Seine Spezialität war seine Hausmannskost wie z.B. Fisch mit Bratkartoffeln, natürlich selbst zubereitet. Da kamen gern ältere Yachtführer und machten Halt – nur fürs Essen. Das Konzept der neuen Betreiber ist anders. Sie wollen auch jüngere Leute anziehen und Familien. Reichhaltige und gutbürgerliche Küche steht nicht mehr im Mittelpunkt. Der Campingplatz ist zu schön und zu kostbar für kurze Aufenthalte. Man kann Fahrräder und Kajaks mieten. Ich glaube, dieser Campingplatz bleibt ein Anziehungspunkt, nur für ein anderes Publikum.
Backsteinkirche Kuppentin
Wir machen vom Campingplatz Kuppentin bzw. dem Bermudadreieck zu Fuß einen Ausflug zum Dorf Kuppentin mit einer wunderschönen Backsteinkirche.

Backsteinkirche in Kuppentin
Barkow
Unser nächster Halt ist eine sehr gefällige Badestelle. Es kommt eine Frau mit einem Sommerkleid voller Zitronen und altem Hund. Der Hund ist aus einem Pflegeheim erfahren wir und seine Halterin wohnt hier in Barkow. Ihr Mann und sie bieten Posaunenchören eine Begegnungsstätte an, recht international. Ihr Mann kommt ursprünglich aus Argentinien. Frau Hus zeigt uns das für Musiker gut ausgestattete Anwesen mit großen Räumlichkeiten zum Üben und auch zum Übernachten. Auch die Kirche in Barkow ist bemerkenswert. Sie war marode und fast nicht zu retten. Jetzt ist sie kreativ geflickt bzw. restauriert mit einem modernen Mittelstück.





die kreativ sanierte Kirche in Barkow

Kanuverleihstation in Barkow
Die Müritz-Elde-Wasserstraße ist nach Barkow in Richtung Plau am See vor wenigen Jahren erneuert worden. Die Steine der Uferbefestigung sind sichtbar, man hat hier tatsächlich Kanalcharakter. Es wird noch ein paar Jahre dauern, bis die Natur es wieder wild gemacht hat. Deswegen gibt es keine Empfehlung von mir, sich ein Kajak in Barkow auszuleihen und bis Plau am See zu paddeln.
Plau am See

in Plau kann man auch Kajaks u.ä. ausleihen
Vor Plau am See gibt es wieder eine Schleuse, später noch eine Hubbrücke. Wir als Kajakfahrer können gemütlich durch die Hubbrücke paddeln, die Yachten-Kapitäne natürlich nicht – zu hoch zu dick. Der Hafenmeister war klasse. Er bedient die Schleuse, die Hubbrücke und gibt uns Tipps für Eis und Fischbrötchen. Ein Traumjob.




Mogelpackung schneeweiße Yacht
In der Schleuse vor uns befindet sich eine schneeweiße prachtvolle Yacht. Wir Kajakfahrer müssen den Motorbooten immer Vortritt lassen. Wir sind dagegen ärmliche bodentiefe Winzlinge. Die schneeweiße Yacht startet um die Schleuse zu verlassen und wir sind von pechschwarzen, stinkenden Dieselabgasen umgeben. Was für eine umweltschädliche Mogelpackung, was für eine nicht mehr zeitgemäße Umweltsau. Die Stimmung auf der Yacht ist gereizt, denn das teure Prachtexemplar darf nirgends gegenstoßen, was für ein Stress. Wir fühlen uns in unserem geräuschlosen und abgasfreien Kajak wieder großartig.
Campingplatz „Zuruf“ am Plauer See

Zum Campingplatz „Zuruf“ müssen wir ca. eine halbe Stunde auf dem Plauer See paddeln. So richtig ist dieser Zeltplatz nicht auf Wasserwanderer eingestellt. Wir dürfen auf der Wiese für die Radfahrer zelten, leider fern ab von unseren Booten.
„Der 4-Sterne-Campingpark Zuruf liegt direkt am Plauer See, mit einer Fläche von fast 40 km² der drittgrößte See in Mecklenburg-Vorpommern und der siebtgrößte See in Deutschland. Der malerische Luftkurort Plau am See ist nur 3 km entfernt und ein beliebtes Ausflugsziel.
Neben Stellplätzen für Wohnmobile und Wohnwagen stehen auch Zeltwiesen, Finnhütten, Mietwohnwagen sowie Dauerplätze zur Verfügung.
Der Platz verfügt über einen eigenen Badestrand, einen Bootsanleger sowie Boots- und Fahrradverleih. Die 3 modernen Sanitärgebäude sind barrierefrei und behindertengerecht gestaltet!“
Wir genießen die sanitären Anlagen und das Restaurant und essen Pizza. Hier ist alles sehr touristisch und trotzdem schön.
Rückfahrt mit den Öffis

Wir dürfen die Boote auf dem Campingplatz lassen. Das Auto steht in Parchim und muss geholt werden. Wir laufen ca. 20 min zum Busbahnhof und fahren für 5,70 € nach Parchim zurück. Eine schöne Fahrt. Die Boote werden aufgeladen und wir fahren beglückt nach Hause bei Ludwigslust. Was war das für eine schöne Tour und low budget.
